Existenzgründung & Preiskalkulation – wie findet man den richtigen Stundensatz?

Ist die Idee für die Selbstständigkeit geboren, sind die ersten Schritte noch relativ klar. Es braucht einen Internetauftritt, Visitenkarten und Ideen, mit welchen Maßnahmen die Werbetrommel zu rühren ist. Anschließend wird ein Gewerbe beim Gewerbeamt angemeldet und es kann durchgestartet werden. Doch die eigentlichen Schwierigkeiten liegen im Detail und stellen sich erst ein, wenn von der Idee in die Einzelheiten gegangen wird.

Wie wird ein Verkaufspreis hergeleitet?

Jeder Handwerker investiert Zeit in die Herstellung seines Produktes. Außerdem entstehen Kosten für das notwendige Material. Beide Aspekte bilden die Grundlage, um einen Verkaufspreis zu bestimmen, der den monatlichen Lebensunterhalt deckt und gleichzeitig für potentielle Kunden akzeptabel ist. Zwei Vorgehensweisen funktionieren in diesem Zusammenhang gar nicht:

1. Einen Verkaufspreis festlegen, der im Vergleich zur Konkurrenz wesentlich höher ausfällt, um mit weniger Arbeit auf das gleiche Ergebnis zu kommen.

2. Den Durchschnittspreis der Konkurrenz unterbieten, um dadurch Käufer zu gewinnen und mehr Verkäufe zu erzielen.

Der Verkaufspreis hängt von mehreren Parametern ab, die im Vorfeld überdacht werden müssen. Jeder Tag hat nur 24 Stunden, von denen Selbstständige im Durchschnitt mehr als 8 Stunden arbeiten. Deshalb muss die Frage gestellt werden, wie viel Zeit für die Herstellung eines Produktes oder für die Bereitstellung der angebotenen Dienstleistung benötigt wird. Wird nur ein Artikel pro Tag hergestellt, kann dieser im höheren Preissegment verkauft werden als Produkte, die eine Fertigungszeit von einer Stunde haben.

Wird beispielsweise Bekleidung aus teuren Materialien verkauft, die aufwändig verarbeitet werden, ist ein hoher Preis gerechtfertigt. Die Frage ist, ob der Kunde den Artikel zu diesem Preis akzeptiert.

Umsatz ist nicht gleich Gewinn

Viele Gründer sind von den Kosten überrascht, die vom Umsatz abgezogen werden müssen. Materialkosten und Umsatzsteuer werden bei den Preiskalkulationen noch berücksichtigt, dass viele weitere Positionen hinzukommen, wird häufig übersehen. Zu diesen Posten gehören:

  • Beiträge für die Berufsgenossenschaft
  • Miete für die Arbeitsräume
  • Kosten für Telefon und Internet
  • Verpackungsmaterial
  • Wartung der Internetseite
  • Werbungskosten
  • Kosten für Arbeitsgeräte
  • Lohnkosten für Angestellte
  • Fahrtkosten (anteilige Kfz-Steuern und Versicherung)
  • Beiträge zur Sozialversicherung / (privaten) Krankenversicherung

Ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor sind Verkaufsplattformen wie Ebay oder Etsy, die mit Umsatzgebühren und Kosten für die Einstellung von Artikeln zu Buche schlagen (durchschnittlich 10 Prozent). Kommt hier die Umsatzsteuer hinzu (außer bei einem Kleingewerbe) müssen alleine für Plattformkosten und Umsatzsteuer bis zu 30 Prozent des Umsatzes abgegeben werden.

Die Woche hat nur sieben Tage

Diese Kosten lassen sich zwar von der Einkommenssteuer absetzen, aber das ist nicht gleichbedeutend mit Gewinn. Viele Selbstständige legen ihr notwendiges Einkommen aufgrund ihrer Verbindlichkeiten fest und versuchen anhand dieser Zahl zu einem Verkaufspreis pro Produkt zu kommen. Dabei wird die dafür notwendige Arbeitszeit ausgeblendet, sodass der Betreffende sich schnell in einem 16-Stunden-Tag wiederfindet. Wenn die Produktion eines Artikels 10 Stunden Zeit in Anspruch nimmt, können maximal 20 Produkte im Monat entstehen, sofern von einem normalen Arbeitstag ausgegangen wird. Anschließend wird geschaut, wie hoch der Artikelpreis sein muss, um mit dem Gewinn alle Verbindlichkeiten abzudecken. In den meisten Fällen geht diese Rechnung aus drei Gründen nicht auf.

1. Der Preis pro Artikel fällt zu hoch aus und es erfolgt kein Verkauf.
2. Die Herstellung nimmt zu viel Zeit in Anspruch und zehrt auf Dauer an den Kräften.
3. Der Preis erscheint dem Hersteller selbst unrealistisch, weshalb er ihn heruntersetzt, damit aber nicht auf den notwendigen Umsatz kommt und nach absehbarer Zeit pleitegeht.

Anpassen oder eigene Wege gehen?

Um einen realistischen Preis für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu finden, ist Recherche notwendig. In welcher Preiskategorie ordnen sich identische Produkte der Konkurrenz ein? Gibt es Durchschnittswerte? Lassen sich diese mit dem Herstellungsaufwand vereinbaren? Anschließend helfen Testläufe mit ähnlichen Preisen, um den Markt und die eigenen Produkte zu prüfen. Trotzdem kann es auch bei angepassten Preisen passieren, dass sich die eigenen Produkte nicht verkaufen, während der Handel der Konkurrenz boomt. Die Gründe?

1. Wer als neuer Anbieter in einen existierenden Markt einsteigt, muss erst das Vertrauen der Kunden gewinnen. Warum sollten diese zu einem unbekannten Anbieter wechseln, wenn der Stammverkäufer ihnen bietet, was sie möchten? Auch die Stellschraube des Verkaufspreises funktioniert in diesem Fall nicht immer und wirft eher die Frage auf, ob das neue Angebot aufgrund des geringeren Preises minderwertig sei.

In diesem Fall ist die Orientierung an den Durchschnittspreisen hilfreich, aber es sollte ein Preis gefunden werden, der alle Kosten deckt und dem Wert des Produktes entspricht, selbst wenn er etwas über dem Durchschnitt liegt. Hier ist der Hinweis auf Alleinstellungsmerkmale wichtig, die einen höheren Preis rechtfertigen und den Betreffenden aus der Masse der Anbieter hervorheben.

2. Wenn zwei Verkäufer das gleiche Geschäft eröffnen und alle Bedingungen identisch sind, werden beide trotzdem unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Warum? Den Ausschlag gibt die Psyche. Damit sind die inneren Überzeugungen gemeint, mit denen wir in der Kindheit konditioniert werden und die uns das gesamte Leben begleiten und beeinflussen. Bis wir sie hinterfragen und ändern.

Wer von seinen Produkten nicht wirklich überzeugt ist, wird nicht verkaufen. Die meisten Gedanken, die zu dieser Tatsache führen, lauten:

  • Werden meine Produkte wirklich gebraucht (es gibt sie ja schon in anderer Form)?
  • Ist die Qualität wirklich gut oder besser als bei anderen Produkten?

Die innere Überzeugung sorgt für den Erfolg

Es sind Selbstzweifel, die dafür sorgen, dass der Umsatz ausbleibt.
Solange der Preis für das Produkt und die Kaufkraft potentieller Käufer angemessen ist, gibt es Kunden für das eigene Produkt. Ist man aufrichtig davon überzeugt, dass das Produkt dem Kunden nützt und dessen Leben zum Positiven verändert verkauft es sich. Wer diese Einstellung verinnerlicht, wird automatisch die richtigen Entscheidungen treffen, die entsprechende Kundschaft anziehen und sein Geschäft stetig vergrößern.